Landgericht Augsburg stellt Verfahren gegen einen säumigen Zahler der Rundfunkgebühren in zweiter Instanz wegen Geringfügigkeit ein.

Das kuriose Verfahren aus Dezember 2024 vor dem Amtsgericht Dillingen wegen einer angeblichen versuchten Erpressung wendet sich für den Angeklagten in zweiter Instanz zum Guten.

Der von Rechtsanwalt Bögelein vertretene Angeklagte aus dem Zusamtal hatte mehrere Monate Rundfunkgebühren nicht bezahlt und auf Grundlage einer Anleitung aus einem Rechtsanwaltsportal im Internet Korrespondenz unter anderem mit dem zuständigen Gerichtsvollzieher geführt. Der in den vorgefertigten Schriftstücken enthaltene Satz „Ich behalte mir Schadenersatzforderungen vor.“ wurde dem Angeklagten dann zum Verhängnis. Er führte zur Verurteilung in erster Instanz vor dem Amtsgericht Dillingen wegen versuchter Erpressung. Das zunächst wegen versuchter Nötigung eingeleitete Verfahren wurde während der Verhandlung erster Instanz auf Antrag der Staatsanwaltschaft noch auf eine versuchte Erpressung erweitert.

Ein Kuriosum, welches auch Rechtsanwalt Mario Bögelein aus Forchheim, der den Angeklagten vertrat als „geradezu unglaublich“ bezeichnet:

„Es fehlt hier bereits am objektiven Tatbestand einer Nötigung und erst recht einer Erpressung.“

Rechtsanwalt Bögelein legte daher bereits unmittelbar nach dem Urteilsspruch in erster Instanz Berufung für seinen Mandanten ein.

Der Prozess vor dem Amtsgericht Dillingen war aber in vielen anderen Punkten bemerkenswert, erklärt Rechtsanwalt Bögelein: „Die Strafanzeige gegen unseren Mandanten wurde von der Direktorin des AG Dillingen erstattet. Der einzige Belastungszeuge, war der Gerichtsvollzieher selbst, der genau dieser Direktorin unterstellt ist. Ebenso wie die Richterin stellvertretende Direktorin am gleichen Amtsgericht, die dann das Urteil sprach. Dies wirft Fragen zu einer unabhängigen und den Bürgern vermittelbaren Rechtsprechung auf“, so der Forchheimer Rechtsanwalt.

Kurios am Prozesstag in Dillingen war zudem, dass der Angeklagte im Gericht bereits von einer Schulklasse aus seinem Wohnort erwartet wurde. Zufällig ausgerechnet die Schule, die der Mann selbst eins besucht hatte. Auch hatte die Anzeigenerstatterin, in Ihrer Funktion als Gerichtsdirektorin im Vorfeld der Verhandlung noch besondere Sicherheitsauflagen für den Prozess verfügt und z.B. den Angeklagten durch zwei Polizeibeamte bewachen lassen. Ein Kuriosum, so Rechtsanwalt Bögelein, wenn man bedenkt, dass sein Mandant weder vorbestraft noch anderweitig auffällig gewesen war und ihm sogar von den ermittelnden Polizeibeamten eine uneingeschränkte Kooperationsbereitschaft bescheinigt worden war. Für den Juristen mit 22 Jahren Praxiserfahrung wirft dies die Frage auf, ob hier ein Exempel statuiert werden sollte.

Den Kuriositäten und Auffälligkeiten der ersten Instanz setzte jedoch das Landgericht Augsburg in zweiter Instanz ein jähes Ende:

Ohne weitere Gerichtsverhandlung und mit ausdrücklicher Zustimmung der Staatsanwaltschaft wurde das Verfahren in zweiter Instanz wegen Geringfügigkeit (!) gemäß § 153 Abs. 2 StPO eingestellt und die Verfahrenskosten der Staatskasse auferlegt.

„Der an der der Entstehung des Verfahrens völlig unbeteiligte und unabhängige Richter in zweiter Instanz folgte damit vollumfänglich unserer Rechtsauffassung und hat das Verfahren ohne weiteren unnötigen Kostenaufwand für die Staatskasse beendet“, resümiert Rechtsanwalt Bögelein zu dem wirklich außergewöhnlichen Verfahren.

Die Lokalpresse (Donauzeitung) berichtete ebenfalls von dem Verfahren.